Bezüge zur Organisierten Kriminalität müssen mehr in den Fokus rücken
Bei den baden-württembergischen Staatsanwaltschaften sind derzeit 377 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Anträgen auf Auszahlung von Corona-Soforthilfen anhängig (Stand: 14.09.2020). Das ergab nun die Antwort der Landesregierung auf einen Antrag der FDP/DVP Landtagsfraktion (vgl. Anlage). Der weit überwiegenden Zahl der Ermittlungsverfahren liege dabei der Verdacht zugrunde, dass die jeweiligen Beschuldigten im Rahmen ihrer Antragstellung wahrheitswidrige Angaben zu subventionserheblichen Tatsachen gemacht hätten, um auf diese Weise die ungerechtfertigte Auszahlung von Corona-Soforthilfen zu erreichen. In weitaus geringerem Umfang würden die Ermittlungen darauf hindeuten, dass Corona-Soforthilfen unter Verwendung von Firmendaten tatsächlich existierender Unternehmen, jedoch unter Angabe von fingierten Personalien und einer Bankverbindung, auf die lediglich der beschuldigte Antragsteller unmittelbar oder mittelbar Zugriff hat, beantragt und ausbezahlt worden seien. Zugleich seien bei der Generalzolldirektion angesiedelten Financial Intelligence Unit (FIU) über 400 Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz zur Corona-Soforthilfe mit Bezug nach Baden-Württemberg bekannt geworden. Gebündelt würden die Ermittlungen im Land bei einer Clearingstelle beim Landeskriminalamt.
„Betrugsfälle im Zusammenhang mit der Auszahlung der Corona-Soforthilfen betreffen nur einen Bruchteil aller Unternehmen“, stellt der rechtspolitische Sprecher der FDP/DVP Landtagsfraktion Nico Weinmann mit Blick darauf fest, dass mit der am 31. Mai 2020 ausgelaufenen Soforthilfe rund 245.000 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von gut 2,2 Milliarden Euro unterstützt wurden. Die Redlichkeit der Unternehmen zeige sich auch darin, dass laut der Antwort der Regierung bereits von knapp 6.000 Unternehmen Soforthilfen mit einem Gesamtvolumen von rund 50 Millionen Euro ganz oder teilweise zurückgezahlt wurden. Umso entschlossener müsse nach Ansicht des Liberalen gegen die wenigen „schwarzen Schafe“ vorgegangen werden: „Diejenigen, die bewusst falsche Angaben machen oder gar Firmendaten von echten Firmen missbrauchen, handeln mit großer krimineller Energie. Hier darf es keine falsch verstandene Toleranz geben. Wir brauchen eine lückenlose Aufklärung dieser Fälle. Entscheidend wird dabei eine effektive Zusammenarbeit und Vernetzung aller beteiligten Behörden untereinander sein.“
Nico Weinmann fordert auch, mögliche Bezüge zur Organisierten Kriminalität stärker in den Fokus zu nehmen: „Wie wir aus den Erfahrungen anderer Bundesländer wissen, versuchten kriminelle Banden die Corona-Soforthilfen rechtswidrig zu erlangen. Gerade in den Fällen, in denen Dritte Daten real existierender Unternehmen rechtswidrig verwendeten, muss daher sehr gründlich hingeschaut werden, ob Bezüge zur Organisierten Kriminalität bestehen. Der Austausch der Ermittlungsbehörden muss dabei bundesweit erfolgen. Auch vor dem Hintergrund der in anderen Bundesländern gemachten Erfahrungen ist eine Evaluation sinnvoll.“