Sehr geehrter Herr Verbandsvorsitzender Scholz,
Herr Verbandsdirektor Mandel,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Es ist eine gute, wie pragmatische Tradition, dass die Stellungnahme der Fraktionen zum Haushalt des Regionalverbands Heilbronn-Franken stellvertretend für die Verbandsversammlung von lediglich einer Fraktion vorgetragen wird. Insoweit freue ich mich in diesem Jahr, als Vorsitzender der Fraktion der Freien Demokraten, hoffentlich auch inhaltlich in Ihrer aller Namen den nachfolgenden Rück- und Ausblick vornehmen zu dürfen.
Mit dieser Tradition, mit diesem Arrangement bringen wir zum Ausdruck, auch wenn es in einer pluralen Gesellschaft gerade im Detail unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt, ja geben muss, dass wir gewillt sind, abseits der Parteiendemokratie, gemeinsam die Interessen unserer Raumschaft voranzustellen.
Oder, wie Willy Brandt es auszudrücken wusste: „Die Vernunft ist niemals das Monopol einer politischen Partei.“
Mit dieser Erkenntnis haben wir uns nicht zuletzt in den letzten Monaten und Jahren aufgemacht, die wirtschaftlichen, technischen oder gesellschaftlichen Veränderungen aufzugreifen und jeweils sinnvolle, praxisbezogene und
zukunftsgewandte Ansätze in Fragen der Raumordnung und Regionalplanung aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Allein am Beispiel der im vergangenen Jahr insgesamt 18 Änderungen des Regionalplans, in denen wir konkret vor Ort wirksame Akzente setzen konnten, wird dies deutlich.
Akzente, die im Ergebnis dazu beitragen sollen, und nach unserer Einschätzung auch dazu beitragen werden, dass unsere Region Heilbronn-Franken für seine über 915.000 Menschen weiterhin der attraktive und lebenswerte Wirtschaftsraum bleibt, der Arbeit, Bildung und Wohnen, Kultur, Sport und Freizeit in sympathischer Weise verbindet.
Vor dem Hintergrund der veränderten Bedarfe nach gebietsnaher Versorgung haben wir uns im letzten Jahr mit zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten regionalbedeutsamen Einzelhandelgroßprojekten befasst, haben die Grundlagen geschaffen, mit einem Innenstadtberater die Kommunen dabei zu unterstützen, einer Verödung der Zentren zu begegnen, haben uns intensiv mit der Weiterentwicklung von
Schwerpunkten für Industrie, Gewerbe und Dienstleistung auseinandergesetzt, haben planerisch Voraussetzungen geschaffen, um Forschung und Entwicklung zu fördern, um Arbeitsplätze vor Ort zu sichern, den Wirtschaftsraum zu stärken und Prosperität zu schaffen.
Doch Regionalplanung geht tiefer. Daher haben wir uns mit Teilfortschreibungen des Regionalplans im Bereich der Fotovoltaik und der Windenergie befasst, um damit unseren regionalen Beitrag zum Gelingen der Energiewende im Sinne einer Dekarbonisierung und im Sinne eines effektiven Klimaschutzes beizutragen.
Dabei wissen wir, nicht zuletzt angesichts der jüngsten Naturkatastrophen, gleich ob 2016 bei uns in Braunsbach oder in diesem Sommer im Ahrtal, dass der Klimawandel uns in vielerlei Hinsicht vor ungeahnte Herausforderungen stellt und stellen wird.
Unbestritten ist, dass wir zum Erreichen der Klimaziele im Land die Leistung erneuerbarer Energie allein im Stromsektor in den kommenden Jahren von derzeit 10 auf über 50 GW erhöhen müssen. Gleichzeitig stößt der Ausbau von Windenergie nicht nur in Gebieten geringer Windhöfigkeit auf starken Widerstand – und der flapsige Ausspruch: „freitags demonstrieren die Kinder bei FFF, samstags deren Eltern gegen Windkraft vor der Haustür“, trifft, in seiner zugespitzten Form, doch den Kern, stehen Freiflächenfotovoltaik und Windkraft im Wettbewerb um verfügbare Flächen, wird deutlich, dass das Flächenziel von 2% – gleich ob nur Windkraft, wie im Koalitionsvertrag im Bund vorgesehen, oder Windkraft und Freiflächenfotovoltaik, wie im Grün-Schwarzen Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg angesetzt, nur dann fristgerecht erreicht werden kann, wenn nicht nur viel Geld in die erneuerbaren Energien investiert wird, sondern auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich verkürzt werden. Was zusammengefasst bedeutet, Verfahren zu vereinfachen, deutlich schnellere Stellungnahmen der Fachbehörden bedingt, das Zulassen von Teilplanungen um die Komplexität von Gesamtplanungen zu reduzieren oder eine, generell angezeigte erhöhte Vorsicht in Bezug auf neue Vorschriften. Vor allem aber auch, dass wir aus den Erfahrungen in der Praxis lernen, z.B. durch eine Rückübertragung der Windenergie-Konzentrationsplanung in die Regionen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Erreichen der 2% bedeutet in schieren Zahlen gesprochen, dass die Flächennutzung für erneuerbare Energien von derzeit 1.477 ha auf 9.530 ha gesteigert werden muss. Ein Umstand, der nicht zuletzt im Zielkonflikt zwischen der Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für erneuerbare Energien und der lebensnotwendigen Erzeugung von Nahrungsmittel weiteren Sprengstoff birgt. Diesen Konflikt zu befrieden ist Aufgabe der Politik.
Der Koalitionsvertrag im Land „Jetzt für morgen“ sieht darüber hinaus vor, dass die Regionalverbände stärker in die Biotopverbundplanung einbezogen werden sollen, es in diesem Zusammenhang eine Pflicht zur regionalen Konkretisierung des landesweiten Konzepts zur Umsetzung durch die Kommunen brauche. Gerade die Möglichkeiten eines regionalen Kompenstationsmanagements gilt es dabei mitzubedenken. Im Gegenzug, so der Koalitionsvertrag, soll die regionale Planungsebene für die zusätzlichen Aufgaben angemessen ausgestattet werden. Allerdings ist mangels parlamentarischer Befassung und der Komplexität des Themas davon auszugehen, dass erst in wenigen Jahren mit Änderungen zu rechnen ist, zumal auch eine Anpassung im Landeshaushalt nicht vor 2024 vorgesehen ist.
Es ist kein Geheimnis: vieles was jetzt für morgen niedergeschrieben ist, steht unter einem Finanzierungsvorbehalt. Denn ein nüchterner Blick verrät, dass in der Post-Corona-Zeit die finanziellen Möglichkeiten – auch vor dem Hintergrund der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse – nicht größer werden dürften, was auch hier im Gremium, gerade bei uns vor Ort, die Frage aufwerfen wird, ob Investitionen in die regionale Infrastruktur möglicherweise auch mit Blick auf zukünftige Steuereinnahmen für vorrangig erachtet werden, als der möglicherweise bescheiden anmutende regionale Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise und für die Energiewende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesen Sachthemen werden wir uns in den kommenden Monaten und Jahren sicherlich sehr eindringlich beschäftigen müssen. Die Klimaanalyse, die wir im kommenden Jahr anstreben und für die wir die notwendigen Mittel im Haushalt bereitstellen, wird hierzu sicherlich hilfreiche Dienste leisten.
Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Herausforderungen für unsere Raumschaft determiniert:
Allein beim Thema Digitalisierung offenbart sich erheblicher Nachholbedarf. So wünschen sich über 70% der Mitglieder des Gemeindetags Baden-Württemberg, Herr Vizepräsident Holaschke wird dies bestätigen können, mehr Investitionen in den Breitbandausbau, in den Mobilfunk und im Besonderen in die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen.
Auch wenn durch das Gigabit-Kompetenzzentrums der WHF, der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH, an der wir, wie Sie ja wissen, mit über 12% beteiligt sind, in der Region bis 2030 ein flächendeckendes Breitbandnetz implementieren wird, bleibt die Anwendung gerade in der Verwaltung noch deutlich zurück. Hier wollen und hier müssen wir im Bestreben, den Ansprüchen an eine moderne Verwaltung gerecht zu werden, im Tempo nicht nachlassen. Maßstab darf dabei nicht allein sein, ob der Regionalverband papierfrei arbeitet, wenngleich ich dies auch symbolisch für ein wichtigen Schritt erachte.
Daneben werden wir uns in Zeiten tiefgreifenden, dynamischen Wandels beim Metropolkongress der Europäischen Metropolregion Stuttgart am 20.09.2022 der wirtschaftlichen Transformation, den Herausforderungen im Bereich des Wirtschaftsverkehrs, den Zukunftsthemen KI und Wasserstoff sowie der elementaren Frage der Identität des Wirtschaftsraums widmen. Unser Haushaltsplan bildet auch die nicht zuletzt mit der Gastgeberrolle verbundenen Kosten in Höhe von 205.000 € ausreichend ab, wobei sich unser Anteil aufgrund Kostenerstattungen halbieren wird.
Dass auch die Aufgaben im Regionalverband zunehmend anspruchsvoller, ja komplexer werden, zeigt sich nicht nur an erhöhten Fallzahlen, sondern insbesondere daran, wie die Auseinandersetzungen an Tiefe, an Substanz zunehmen. Dies bildet sich auch bei den Personalkosten ab. Diese steigen im Vergleich zum Haushaltsansatz 2021 um ca. 7% und bilden neben Stellenhebungen, einer prognostizierten Tariferhöhung auch die Umlage an den Kommunalen Versorgungsverband ab.
Für die anstehenden Herausforderungen sowie den Metropolkongress, der sicherlich neue Impulse über unsere Region hinaus bieten wird, sind wir angesichts der Haushaltssatzung und des Haushaltsplan 2022 finanziell gut gerüstet.
Insgesamt, ohne an dieser Stelle näher auf einzelne Positionen einzugehen, darf ich aber bescheinigen, dass die Raumschaft, dass die Verbandsmitglieder für gutes Geld gute und solide Arbeit erhalten. Bei einem umgerechneten Beitrag von 1,95 € je Einwohner für das Haushaltsjahr 2022, denke ich, ist auch der moderate Anstieg der Verbandsumlage um 147.300 € insgesamt vertretbar.
Dies vorausgeschickt darf ich mich, sicherlich auch im Namen aller Mitglieder der Verbandsversammlung bei Ihnen, lieber Herr Mandel, und Ihrer gesamten Mannschaft ganz herzlich für Ihren guten, Ihren verlässlichen, konstruktiven und stets an der Sache orientierten Einsatz bedanken. Hier darf ich Sie, lieber Herr Verbandsvorsitzender Scholz, sehr gerne einbinden und auch Ihnen für Ihren verbindlich wie pragmatischen und konsensorientierten Verhandlungsstil danken.
Gestatten Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Ende meines Beitrags noch einen kurzen Blick auf die aktuelle Lage. Denn das sich jetzt zu Ende neigende Jahr 2021 war nicht nur geprägt davon, die Herausforderungen der Zukunft zu detektierten, die notwendigen Voraussetzungen in der Regionalplanung abzubilden, sondern in besonderem, ja außergewöhnlichen Umfang auch den dramatischen Herausforderungen in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu begegnen. Gerade vor Ort erleben wir die Pandemie sprichwörtlich hautnah.
Die Bewerkstelligung von Grundrechtseingriffen, die Erkenntnis, dass individuelle Freiheit auch immer die Übernahme von Verantwortung für sich und unsere Gesellschaft bedeutet, die Beschneidung wirtschaftlicher, kultureller, religiöser oder gesellschaftlicher Betätigung mit teilweise existenziellen Folgen, sind dabei nur die eine Seite. Zu viele Todesopfer, zu viel Leid, Trauer, Sorgen um Angehörige, die oftmals zu wenig beleuchtete, aber umso belastende Andere.
Nicht zuletzt sind wir es auch all denjenigen schuldig, gerade heute auch an die Menschen zu denken, die an dem teuflischen Virus verstorben sind, an all diejenigen, die Angehörige zu Grabe tragen mussten, an diejenigen, die möglicherweise noch immer unter den Folgen einer Infizierung leiden. Und gleichzeitig denken wir in großer Dankbarkeit an diejenigen, die im Ehren- wie im Hauptamt fürwahr heldenhaftes leisten, die alles tun um Leben zu retten, die unsere Gesellschaft am Laufen zu halten. Und wir appellieren erneut an alle, sich Impfen zu lassen, die Auffrischungsimpfung anzustrengen.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bewältigung dieser Pandemie, die Bewerkstelligung der Folgen, nicht nur der finanziellen, sondern auch der gesellschaftlichen, werden auch von einem jeden von uns einen erheblichen Kraftakt abverlangen. Und dennoch, eine alte Weisheit sagt: Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.
In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie es uns angehen, mit Entschlossenheit, mit Courage, mit Optimismus und Gottvertrauen. Ich wünsche ich Ihnen, Ihren Familien, ich wünsche uns ein gesegnetes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen guten Start in ein hoffentlich gesundes und erfolgreiches neue Jahr.