Haltung des Innenministeriums zeugt von wenig eigenem Aufklärungswillen
Nach den Erkenntnissen des Berliner Sonderbeauftragten und früheren Bundesrichter Jost gab es im Fall Anis Amri auch Fehler baden-württembergischer Behörden. Das Stuttgarter Innenministerium wies dies unverzüglich zurück. In dieser Situation beschloss die FDP Landtagsfraktion in Baden-Württemberg heute, mit einer parlamentarischen Initiative die Landesregierung aufzufordern, die Verhaltensweisen baden-württembergischer Behörden im Fall Anis Amri durch einen unabhängigen Sonderbeauftragten untersuchen zu lassen. Der Vorsitzende der Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, und der rechtspolitische Sprecher und Obmann der FDP im Parlamentarischen Kontrollgremium, Nico Weinmann, bezeichnen diese Forderung als Konsequenz aus dem Verhalten der Landesregierung.
„Schon Anfang des Jahres“, so erinnerte Rülke, „hatte die FDP den Fall Anis Amri im Landtag thematisiert. Leider gab sich die Landesregierung wenig auskunftsfreudig. Insbesondere Innenminister Strobl war nach unserer Wahrnehmung nicht in der Lage oder bereit, auf die konkreten Fragen vor allem im Innenausschuss fundiert zu antworten. Nach der aktuellen Positionierung des Innenministeriums haben wir wenig Hoffnung, dass die Landesregierung sich der Sache in der gebotenen Ernsthaftigkeit annimmt.“
Weinmann ergänzt: „Angesichts dieser Situation erscheint uns die Berufung eines Sonderbeauftragten, der mittels Akteneinsicht und Personenbefragungen das Verhalten und den jeweiligen Wissensstand baden-württembergischer Behörden aufarbeitet, geboten. Denn die Vorwürfe des Berliner Sonderbeauftragten Jost aus seinem Abschlussbericht wiegen schwer. Beispielsweise sei die Vernehmung Amris durch die Landespolizei in Friedrichshafen unzureichend gewesen, das Landeskriminalamt habe seine Erkenntnisse nicht an die Justiz weitergegeben und die sichergestellten Handys seien nicht ausgewertet worden. Diese Fehler seien passiert, obwohl Behörden die Gefährlichkeit Amris bekannt war und er dem islamistischen Spektrum zugeordnet wurde. Die wiederholte Forderung, den Sicherheitsbehörden weitergehende Kompetenzen zukommen zu lassen, bedingt zwingend, Versäumnisse zu benennen und abzustellen. Dies zu ignorieren wäre ein Schlag ins Gesicht der Opfer des Terrors.“