FDP ist Freiheitspartei und eine Partei des Datenschutzes
Am gestrigen Donnerstag fand der Liberale Rechtstag der FDP/DVP Fraktion zur Bedeutung des Datenschutzes statt. Die ursprünglich für den April vorgesehene Veranstaltung wurde infolge des Lockdowns nun in Heilbronn nachgeholt. Zu Beginn begrüßte der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion Dr. Hans-Ulrich Rülke die Gäste in der Alten Reederei: „Die FDP ist eine Freiheitspartei, und auch eine Datenschutzpartei“, machte Dr. Rülke gleich zu Beginn deutlich. „Wir brauchen einen modernen Datenschutz, damit wir keine gläsernen Bürger bekommen.“ Dort, wo Datenschutz aber in erster Linie zu einem Zuwachs an Bürokratie führe, müsse man die gesetzlichen Anforderungen reduzieren. Mit Blick auf die Bedeutung des Datenschutzes für die Polizeiarbeit, betonte Dr. Rülke die Abwägung der verschiedenen Interessen. „Der Staat muss der Polizei und der Justiz die nötigen Mittel an die Hand geben, um seine Bürger zu schützen und die Sicherheit zu gewährleisten.“ Gleichzeitig gebe es aber eine „Tabu-Zone des Individuums“, in die der Staat nicht eingreifen dürfe.
Seinen anschließenden Impulsvortrag stellte der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Stefan Brink unter das Credo „Wenn es nicht vernünftig ist, dann ist es kein Datenschutz!“. Der Datenschutz sei eine wichtige „Ausfüllung von Bürgerrechten“. Differenziert setzte er sich mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auseinander. Einheitliche Datenschutzstandards in der gesamten Europäischen Union seien wichtig. Gerade exportierende Unternehmen würden davon profitieren, weil die Anforderungen stets identisch seien. Durch die DSGVO werde ein „bestimmtes Datenschutzniveau“ gewahrt, an das sich auch externe Unternehmen halten müssten, wenn sie in Europa tätig seien. Nicht zuletzt die Möglichkeit, Datenschutzverstöße mit bis zu 4% des Jahresumsatzes zu sanktionieren, führe dazu, dass sich nach dem Inkrafttreten der DSGVO zwei Drittel aller Unternehmen um die Einhaltung der Vorgaben bemühten. Gleichzeitig leide die DSGVO aber an einem „Geburtsfehler“, weil sie nicht zwischen den Adressaten unterscheide. „Es gelten dieselben Regeln für Facebook wie für den Skat-Club.“ Auch kleine und nicht exportierende Betriebe, wie etwa Bäckereien, seien dadurch „unter die Räder“ gekommen. Mit Blick darauf, dass mit einer Einigung über Korrekturen der DSGVO in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht zu rechnen sei, betonte Dr. Brink die Bedeutung der Aufsichtsbehörden. Der Schwerpunkt seiner Behörde liege dabei klar bei der Beratung von Unternehmen, und nicht bei deren Sanktionierung.
Der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Steffen Mayer führte die Zuhörer auf eine kleine Zeitreise in die Arbeit der Polizei im Jahr 2000. Dokumente seien damals manuell ausgewertet, sechs Polizisten teilten sich einen Rechner und die älteren Kollegen seien überzeugt gewesen, dass sich Computer in der Polizeiarbeit nicht durchsetzen würden. „Wenn Sie damals einen Computer ein- und ausschalten konnten, waren Sie Computer-Experte bei der Polizei“, bemerkte Mayer mit einem Augenzwinkern. „Heute hat sich die Kommunikation deutlich verändert und dabei entstehen Daten, Daten, Daten.“ Für die Polizei seien dies alles potentielle Spuren. „Mittlerweile erreichen wir Größenmengen, die ein normaler Mensch nicht überblicken kann“, so Mayer mit einem Verweis auf die beschlagnahmten Datenmengen im Abgas-Manipulationsverfahren. Bei dieser Entwicklung sei man noch „lange nicht am Ende“, wie etwa der Bereich Smart Home zeige. Die Polizei werde „mit Daten massiv überrollt“, bekomme aber im Gegenzug keinen adäquaten Personalzuwachs. So habe Baden-Württemberg im Ländervergleich unverändert die „rote Laterne“ im Verhältnis von Polizisten und Einwohner. Umso wichtiger sei es, Personal „zielgerichtet in Ermittlungsverfahren einzusetzen“.
In der abschließenden Gesprächsrunde unter der Leitung von Florian Diekmann, Vorsitzender Richter und Leiter des IuK-Fachzentrums Justiz, Oberlandesgericht Stuttgart, und Vorstandsmitglied der Vereinigung Liberaler Juristen BW e.V., vertieften die beiden Referenten zusammen mit dem rechtspolitischen Sprecher der FDP/DVP Fraktion Nico Weinmann diese Themen. Weinmann wies auf die stark angewachsene Machtfülle großer Unternehmen hin. „Diese Asymmetrie müssen wir ausgleichen.“ Hierbei übte er Kritik an der Bundes- und Landesregierung, die sich nicht stark genug für Anpassungen bei der DSGVO eingesetzt hätten. „Ein stärkeres Engagement der Landesregierung bei der diesjährigen Evaluation der DSGVO wäre wichtig gewesen.“ Stattdessen habe sich aber die Landesregierung mit immer neuen und teilweise verfassungs- und europarechtswidrigen Gesetzen befasst, so Weinmann mit Blick auf die jüngste Novelle des Polizeigesetzes. Gerade Baden-Württemberg als Land des Ehrenamtes und des Unternehmergeistes braucht hier einen praxistauglichen Datenschutz als Standortvorteil.