Das Vorgehen des Justizministeriums wirft einige Fragen auf
Die Stelle des Präsidenten im Oberlandesgericht Stuttgart ist seit Mai unbesetzt. Die Neubesetzung der Stelle gestaltet sich schwierig, Ministerium und Präsidialrat sind sich bezüglich des richtigen Kandidaten uneinig. Das Justizministerium hat nun gestern ein Gerichtsverfahren gegen die Stellungnahme des zuständigen Präsidialrats in die Wege geleitet, nachdem dieser nicht die vom Ministerium empfohlene Kandidatin, sondern einen anderen Kandidaten vorgeschlagen hatte und auch das sogenannte Einigungsgespräch keinen Erfolg erzielte. Eigentlich wollte das Justizministerium den genau für diesen Fall zuständigen Richterwahlausschuss einberufen.
Julia Goll, Mitglied im Richterwahlausschuss und innenpolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion, äußert sich zu diesem Thema wie folgt: „Es handelt sich hierbei nach meiner Kenntnis um einen bisher einmaligen Vorgang und es scheint so, als wollte das Justizministerium den Richterwahlausschuss, der genau für solche Fälle eigentlich zuständig ist, umgehen. Diese Rolle rückwärts zum eigentlich angekündigten Vorgehen erscheint mir unverständlich. Ich erwarte, dass die Gründe offengelegt werden.“
Nico Weinmann, rechtspolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, ergänzt hierzu Folgendes: „Unabhängig von einer abschließenden rechtlichen Bewertung steht zu befürchten, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Eindruck entsteht, dass hier parteipolitischen Belangen der Vorzug gewährt wird vor fachlichen Erwägungen. Das Justizministerium muss umgehend den Verdacht ausräumen, dass hier Posten nach Gutsherrenart vergeben werden. Gerade die Justiz, deren Unabhängigkeit ein hehres Gut ist und die auf dem Gewaltenteilungsgrundsatz fußt, kann und darf sich solche Signale nicht erlauben.“